Titicacasee und Isla del Sol

01.12.2012 14:35

 

Es gibt Momente des stillen Glücks, die benötigen ein wenig Zeit, bevor sie sich im Bewusstsein etablieren. Hier  am Titicacasee ist so ein Moment. In der Schule  mussten wir im Sinne der „Stadt-Land-Fluss-Didaktik“  sämtliche Länder, Hauptstädte, Flüsse und große Seen auf allen Kontinenten  auswendig lernen. Vor 50 Jahren war ich fasziniert von der Höhenlage und der Größe des Titicacasees und dachte: „Der liegt so hoch und ist so  weit weg, den sehe ich nie.“

Und jetzt  sitzen wir  beim Abendessen auf der Isla del Sol (Bolivien) mit Blick auf Peru und genießen den Sonnenuntergang. Kit meint: „Es ist erstaunlich, dass man in dieser Höhe (4100 m) um 18:00 Uhr  nur mit einem Pulli bekleidet draußen sitzen,  essen und nebenbei  Kolibri beim Nektarsaugen beobachten kann.“  Und während wir eine absolute leckere Pizza (eine Abwechslung zur relativ monotonen einheimischen Küche ist von Zeit zu Zeit notwendig) verspeisen, tritt für einige Sekunden eine absolute Stille ein, sodass man nur das  Rauschen des Blutes im inneren  Ohr hört. Kit und ich schauen uns völlig überrascht an, denn diese intensive Erfahrung haben wir bisher in dieser Form nicht erlebt.   
Die Lage der Insel im südlichen Teil des Titicacasees ist einmalig. Der tiefblaue See im Vordergrund wird bewacht  von den Cordillera Real (über 6000 m), deren Gletscher die das darunter hinziehende Wolkenband an diesem Abend  überragten.
Isla del Sol hatte  für die Inka eine herausragende Bedeutung, weil  in deren Mythologie u.a. die Sonne dort geboren wurde, und so bauten sie ihr im Norden der Insel einen Tempel, den wir besuchen wollten.
Wir wohnten in Yumani im Süden von Isla del Sol und wanderten auf einem wunderbar ausgebauten Wanderweg ca. 10 km zum Norden der Insel. Der Weg führte auf dem Grat der Gebirgskette und ermöglichte atemberaubende Blicke auf den Titicacasee, die Cordillera Real und auf die Berge von Peru.  Im Norden angekommen, versuchten wir das Ende des Titicacasees (235 km lang)  zu erkennen, doch leider war es zu diesig.  Dennoch bleibt dieser Blick über diesen gewaltigen See unauslöschlich im Bewusstsein verankert.
 

14.11.2012